
Turn debt into hope
Schulden in Hoffnung verwandeln
In Rom ist viel los dies Jahr. Natürlich sieht die Stadt am Tiber jedes Jahr unzählige Touristen, aber in diesem Jahr erwartet man besonders viele Pilgerinnen und Pilger, 45 Millionen könnten es werden, so heißt es. Denn Heiligabend 2024 hat Papst Franziskus das Heilige Jahr ausgerufen. Nun ist man als Protestant eher unwissend bis ablehnend, wenn man davon hört: Durch die Pilgerreise, die Beichte und das Durchschreiten der vier Heiligen Pforten der Patriarchalbasiliken sei es für den Gläubigen möglich, den vollkommenen Ablass für seine Sündenstrafen zu erlangen. Schon bei dem Wort Ablass, den der Papst gewähren kann, regt sich bei mir innerlich Widerstand.
Aber ich bleibe hängen bei dem Gedanken, dass dieses Jahr unter dem Zeichen der Vergebung stehen soll. Die Pilgerreise und das Durchschreiten der Pforte ist in meinem Verständnis nicht die Bedingung für die Vergebung, aber es kann ein Symbol sein: ich mache mich auf den Weg, um Altes hinter mir zu lassen. Ich durchreite eine Pforte zum Zeichen der Versöhnung. So wie ich durch eine Pforte einen neuen Raum betrete, so bitte ich Gott darum, dass ich im Verhältnis zu ihm und zu meinen Mitmenschen einen Neuanfang machen kann. Das täte mir gut, das täte unserer Welt gut. Stellen wir uns einmal für einen Moment vor, wir hätten solch eine Pforte zwischen den Kriegsparteien unserer Tage. Stellen wir uns vor, die Mächtigen dieser Welt würden sich auf einen Pilgerweg machen und durch die Pforte der Versöhnung treten, stellen wir uns vor…Es ist Wunschdenken, ich weiß. Aber ein Heiliges Jahr, das zur Vergebung und Versöhnung aufruft, kann durchaus handfeste Konsequenzen haben. So zumindest war einmal das Jubeljahr gedacht, das in Israel seinen Ursprung hat und zum Vorbild geworden ist für das Heilige Jahr. Jedes 50. Jahr sollte im alten Israel ein Jubeljahr ausgerufen werden, so kann man nachlesen im Buch Levitikus. Nach sieben mal sieben Jahren soll ein Jahr der Vergebung und Freilassung folgen. Sklaven sollen freigelassen und denen, die verarmt und verschuldet waren, soll Land zurückgegeben werden. Der Ökumenische Rat der Kirchen ruft in diesem Sinn zu einem Erlassjahr 2025 auf, in dem durch Entschuldung neue Hoffnung wächst, Schulden in Hoffnung verwandelt werden: turn debt into hope.
Ein Jubeljahr, in dem Arme Gerechtigkeit erfahren und Feinde einander vergeben. Im Moment sieht es nicht so aus, dass 2025 in diesem Sinn ein Heiliges sein wird. Nötig aber haben wir es. Und nötig hat diese Welt diejenigen, die nicht aufgeben und sich dafür einsetzen, dass es Frieden und Versöhnung nur zusammen mit Gerechtigkeit geben kann. In diesem Sinn sollten wir wohl Pilger sein und uns auf den Weg machen. Pforten durchschreiten und Neuanfänge suchen. Wer sich ganz konkret anschließen möchte, der unterzeichne die Aktion des Ökumenischen Rates der Kirchen, die am 20. März gestartet ist: https://erlassjahr2025.de/
Shalom wünscht Ihnen
Pfarrerin Susanne Krage-Dautel, Florenz