
Brüder und Schwestern, freut euch, lasst euch zurechtbringen, lasst euch mahnen, habt einerlei Sinn, haltet Frieden! So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein. (2. Korinther 13,11)
In diesen Zeiten wollen zumindest die Menschen, mit denen ich spreche, vor allem eines: Frieden. Jahre des Krieges in der Ukraine und im Nahen Osten, die sich auch bei uns bemerkbar machen, die Gefahr, dass die Situation sich noch verschlechtern könnte – es reicht. Aber gleichzeitig spüre ich auch eine gewisse Niedergeschlagenheit: Wir sind zu klein. Wir können nichts machen. Vielleicht der neue amerikanische Präsident, vielleicht der neue Papst – aber wir nicht. Was sagt der Apostel Paulus zu den Korinthern, einer christlichen Gemeinde mit einer ganzen Reihe von Problemen, weil sie Menschen so unterschiedlicher Herkunft waren? Was sind seine quasi letzten Worte in diesem Brief?
Paulus ist Realist und Optimist. Er weiß, dass zum Frieden immer zwei gehören, und schreibt trotzdem: „So wird der Gott der Liebe und des Friedens mit euch sein.“ Suchen wir die Gegenwart Gottes, wenn wir Frieden wollen? Vielleicht irre ich mich, aber mir scheint, dass wir die Gegenwart Gottes bei uns vor allem dann verkünden, wenn wir Krieg führen wollen um eines gerechten Grundes willen. Auf historischem Niveau ist das einigermaßen deutlich, auf einem mehr persönlichen Niveau scheint es mir etwas versteckter, aber es gibt immer eine Tendenz, einen kleinen Krieg mit Gott an unserer Seite zu führen, wenn wir unsere Sache für gerecht halten. Wollen wir wirklich einen Gott der Liebe und des Friedens oder wollen wir einen Gott des Krieges für unsere Sache?
Wenn wir einen Gott der Liebe und des Friedens bei uns haben wollen, müssen auch wir etwas tun. Seltsamerweise beginnt der Apostel Paulus nicht mit „haltet Frieden“ – das ist nicht der erste, sondern der letzte Imperativ, der letzte Schritt nach einer Reihe von anderen Schritten. Paulus beginnt mit „freut euch“. Wer sich nicht freuen kann, ist nicht im Frieden mit sich selbst – wie kann er mit den anderen im Frieden sein? Haben wir uns je gefragt, worüber wir uns freuen können in unserem Leben, auch in unserem Leben mit den anderen? Allein sein auf der Welt ist keine Lösung. Aber wenn wir nicht allein sind, dann muss immer etwas zurechtgebracht werden. Sich zurechtbringen lassen als Menschen und als Christen ist ein Prozess, der nie aufhört in unserem menschlichen Leben. Sich zurechtbringen lassen im sozialen Leben und im Christenleben ist eigentlich Schwerstarbeit und manchmal etwas, was umsonst scheint. Lasst euch mahnen – wollen wir das überhaupt? Beispielsweise mahnen, zur Freude in und an Gott zurückzukehren? Oder wollen wir lieber im Schmollwinkel bleiben? Eine Grundregel: Wer zurückschaut, kann nicht vorwärts gehen. Auch einerlei Sinn erreicht man leichter, in der Familie wie in einer Gemeinschaft oder Gemeinde, wenn man in die gleiche Richtung schaut, auf das gleiche Ziel. Für ein gemeinsames Ziel kann man auch Frieden halten. Fangen wir also an, für den Frieden zu leben, Schritt für Schritt!
Pfarrerin Jutta Sperber, Genua und Sanremo